Was will mir der Bieter sagen? – Angebote in ungewöhnlichen Dateiformaten

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Was will mir der Bieter sagen? - Angebote in ungewöhnlichen Dateiformaten
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In Folge 11 unseres Podcasts geht es um einen Fall mitten aus dem Leben einer Vergabestelle: Über die Vergabeplattform reicht der Bieter ein Angebot ein, das sich nicht öffnen lässt. Der Grund: Die Vergabestelle hat keine Software, die das „exotische“ Dateiformat verarbeiten kann.  In den Vergabeunterlagen hatte sie vergessen, ein konkretes Dateiformat verbindlich vorzugeben.

Liegt überhaupt ein Angebot vor?

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Bieter überhaupt ein wertbares Angebot abgegeben hat. Auf den ersten Blick könnte man dies vielleicht verneinen: Die Datei lässt sich mit gängigen Programmen nicht öffnen, sodass diese auch nicht in ein lesbares Angebot „übersetzt“ werden kann. Andererseits hat aber die Vergabestelle selbst hinsichtlich des Dateiformats vergessen, den Bietern die übliche Beschränkung auf gängige Formate wie GAEB oder PDF vorzugeben.

Im Sinne des Wettbewerbsgrundsatzes und unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ist die Vergabestelle im vorliegenden Fall daher gut beraten, die Datei nicht einfach zu ignorieren. Sie sollte vielmehr aufklären, was sich hinter dem nicht lesbaren Dateiformat verbirgt.

Manipulationsgefahr

Im Rahmen dieser Aufklärung ist aber Vorsicht geboten. Sicherzustellen ist, dass der Bieter am Inhalt seiner Angebotsdatei keine Änderungen mehr vornehmen kann. Unzulässig wäre es daher, den Bieter aufzufordern, eine neue Datei in einem lesbaren Format nachzureichen. Es liegt auf der Hand, dass damit auch inhaltliche Veränderungen am Angebot möglich wären. Zu achten ist also darauf, dass ausschließlich die per Vergabeplattform zur Verfügung gestellte Datei Gegenstand weiterer Aufklärung sein darf.

Zwei denkbare Lösungswege

Die Vergabestelle könnte sich im Rahmen der Aufklärung zunächst Informationen über die Software verschaffen, mit der die Datei erzeugt wurde. Zu klären wäre dann, ob es dafür zum Beispiel kostenlose Reader gibt. Die Anschaffung der kompletten Software wird sich gerade für öffentliche Auftraggeber unter haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten vermutlich kaum lohnen.

Ein andere Weg dürfte sich jedoch mehr anbieten: Der Bieter könnte zu einem Aufklärungsgespräch eingeladen werden mit der Bitte, in Anwesenheit von Mitarbeitern der Vergabestelle die per Plattform verschickte Originaldatei auf einem eigenen Rechner mit der verwendeten Software zu öffnen. Die Vergabestelle könnte sich dabei den Inhalt der Datei präsentieren lassen und z.B. einen PDF-Ausdruck dieses – unveränderten – Inhalts anfordern.

Fazit

Beide Lösungswege sind nicht unproblematisch und müssten im Detail dokumentiert werden. Andere Bieter könnten sich sonst auf Manipulationsmöglichkeiten bzw. nachträgliche Angebotsveränderungen berufen. Daher unsere Empfehlung: Geben Sie als Auftraggeber bei jeder elektronischen Vergabe unbedingt an, welche (gängigen) Dateiformate akzeptiert werden – und welche nicht.

 

 

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