Wenn einer zu viel weiß

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Wenn einer zu viel weiß
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Das Vergabeverfahren ist geprägt vom Grundsatz der Gleichbehandlung. Aber auch bei Gleichbehandlung der Bieter kann es sein, dass ein Bieter mehr weiß als andere. Auch dadurch kann eine Wettbewerbsverzerrung auftreten, die das Vergaberecht auszugleichen versucht.

Diese Folge behandelt die sogenannte Projektantenproblematik. Als Projektant wird im Vergaberecht ein vorbefasster Bieter bezeichnet. Vorbefasste Bieter sind Bieter, die mehr wissen als ihre Konkurrenten, weil sie bereits mit dem Auftragsgegenstand zu tun hatten. Am deutlichsten ist dies, wenn ein Bieter bei der Erstellung der Vergabeunterlagen mitgewirkt hat. Einen solchen Fall hatte kürzlich die Vergabekammer des Bundes zu entscheiden. In dem Beschluss vom 18.09.2023 – VK 2-68/23 war ein Bieter vorbefasst und die Vergabekammer hatte zu entscheiden, ob er ausgeschlossen werden muss oder nicht.

Hintergrund

§ 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB gibt der Vergabestelle einen Ausschlussgrund für vorbefasste Bieter. Es handelt sich um einen sogenannten fakultativen Ausschlussgrund. Das bedeutet, dass die Vergabestelle nicht ausschließen muss, sondern nur kann. Hierfür muss die Vergabestelle eine Abwägung treffen.

Außerdem setzt § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB voraus, dass die Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann.

Genau mit diesen Fragen musste sich die Vergabekammer beschäftigen

Sachverhalt

Ein Planungsbüro hatte die Aufgabe für die Umplanung einer großen Liegenschaft ein Konzept zu erarbeiten. Am Ende sollten Vergabeunterlagen erstellt werden für die Baulogistik.

Das Planungsbüro beschäftigte für die Erstellung der Vergabeunterlagen einen Nachunternehmer. Die Zuschlagskriterien beinhalten unter anderem Konzepte zur Lösung der Aufgabe.

Da die Vergabestelle schon befürchtete, dass der Nachunternehmer auch an dem Verfahren teilnehmen würde, entschied sie sich, den Wissensvorsprung durch die Bereitstellung möglichst aller Unterlagen im Vergabeverfahren auszugleichen.

Die Entscheidung

Die Vergabekammer stellte zunächst heraus, dass ein Ausschluss nur möglich ist, wenn es keine anderen Mittel gibt, den Vorteil eines Bieters auszugleichen. Weil der Nachunternehmer nicht nur die veröffentlichten Unterlagen kennt, sondern auch die Umstände ihrer Erstellung (z.B. Besprechungen mit dem Auftraggeber), genügt die Veröffentlichung nicht, um den Vorteil auszugleichen.

Trotzdem kann der Nachunternehmer nicht als Bieter des Vergabeverfahrens ausgeschlossen werden. Vergabekammer des Bundes vertrat die Auffassung, dass durch Änderung der Zuschlagskriterien ein Vorteil abgewendet werden kann.

Wenn sich Vorkenntnisse nicht auf die Wertung auswirken können, sind sie im Vergabeverfahren auch unschädlich. Damit musste die Vergabe mit geänderten Zuschlagskriterien erfolgen. Die Wertung von Konzepten, bei deren Erstellung der Nachunternehmer als Bieter Vorteile hätte, muss vermieden werden.

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