Jetzt ist Schluss – die rechtswidrige Aufhebung des Vergabeverfahrens

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Jetzt ist Schluss - die rechtswidrige Aufhebung des Vergabeverfahrens
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Die Vergabestelle darf ein von ihr eingeleitetes Vergabeverfahrens jederzeit ohne Zuschlag beenden. Geschieht dies aus Gründen, die in § 17 VOB/A genannt sind, bleibt die Aufhebung folgenlos – man spricht von einer rechtmäßigen Aufhebung. Erfolgt der Vergabestopp dagegen aus anderen Gründen – also in Form einer sog. rechtswidrigen Aufhebung -, haben Bieter regelmäßig Anspruch auf Schadensersatz.

BGH-Urteil vom 08.12.2020

In Ausgabe 16 unseres Vergabepodcasts knüpfen wir an Folge 15 an und beschäftigen uns zunächst mit einer nicht immer einfach zu beantwortenden Abgrenzungsfrage: Bestehen „schwerwiegende Gründe“ im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, die zu einer rechtmäßigen Aufhebung führen – oder nicht? Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof zuletzt in seinem Urteil vom 08.12.2020 (Az. XIII ZR 19/19) befasst.

Vergabeverfahren erst aufgehoben, dann neu begonnen

Im zugrundeliegenden Sachverhalt wollte eine Kommune im Frühjahr 2016 eine Flüchtlingsunterkunft bauen und leitete ein entsprechendes Vergabeverfahren ein. Wenig später war sich die Gemeinde jedoch unsicher, ob überhaupt noch Bedarf für eine Unterkunft besteht, da die sog. Balkanroute geschlossen worden war. Sie hob die Vergabe deshalb auf. Als sich dann im Herbst zeigte, dass der Bedarf immer noch vorhanden war, schrieb sie das Bauvorhaben dann erneut aus. Der Mindestbieter des ersten Vergabeverfahrens erhielt im zweiten Verfahren nicht den Zuschlag und verlangte daraufhin den entgangenen Gewinn. Begründung: Die Gemeinde habe ohne triftigen Grund nach § 17 VOB/A aufgehoben und sei daher zum Schadensersatz verpflichtet.

Schwerwiegender Grund?

Diskussionswürdig ist hier zunächst die Frage, ob sich die Kommune nicht doch auf einen „schwerwiegenden Grund“ im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A berufen durfte. Hier kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Der BGH urteilte am Ende: Ein schwerwiegender Grund lag nicht vor. Die Gemeinde hatte sich hinsichtlich des Bedarfs schlichtweg getäuscht. Schwerwiegend sei ein Grund nur, wenn er so gewichtig sei, dass eine Bindung des Auftraggebers an die Bedingungen der Ausschreibung mit Recht und Gesetz unvereinbar wäre und von den Bietern deshalb erwartet werden könne, dass sie hierauf Rücksicht nehmen.

Nur entgangener Gewinn

Die Schwelle wurde hier vom BGH sehr hoch angesetzt. Allerdings erhielt der Kläger am Ende nur Ersatz der durch die Teilnahme am Vergabeverfahren entstandenen Kosten – das sog. negative Interesse. Der entgangene Gewinn sei dagegen nur dann zu ersetzen, wenn der später vergebene Auftrag das gleiche Vorhaben betrifft und das Vergabeverfahren allein mit dem Ziel gestoppt wurde, den Auftrag an einen anderen Bieter vergeben zu können. Die letztgenannte Voraussetzung verneinte der BGH im vorliegenden Fall. Zumindest insoweit konnte die Vergabestelle am Ende aufatmen.

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