
Nicht nur der Auftraggeber hat ein Recht den Bauvertrag nach VOB/B zu kündigen, auch der Auftragnehmer kann in schwierige Situationen geraten. Dann stellt sich die Frage, ob auch er aus dem Vertragsverhältnis „fliehen“ kann.
Im Annahmeverzug
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B regelt einen Kündigungsgrund des Auftragnehmers. Wenn der Auftraggeber eine Handlung unterlässt, die der Auftragnehmer benötigt, um leisten zu können, kann der Auftragnehmer kündigen. Dies allerdings nur dann, wenn dieses Unterlassen dazu führt, dass der Auftragnehmer außerstande ist, seine Leistung zu erbringen.
Diese Regelung steht in einem Spannungsverhältnis zum Kündigungsgrund nach § 6 Abs. 7 VOB/B im Fall der Behinderung. Die Tatsache, dass § 6 Abs. 7 VOB/B dem Auftragnehmer erst nach drei Monaten Unterbrechung ein Kündigungsrecht gibt, spricht viel dafür, dass dieser Zeitraum nicht durch eine Kündigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B verkürzt werden kann. Im Fall der Behinderung kann daher in den ersten drei Monaten nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B gekündigt werden. Andernfalls würde § 6 Abs. 7 VOB/B umgangen werden.
Dieses zunächst überraschende Ergebnis ist allerdings auf den zweiten Blick verständlich. Während dem Vorliegen einer Behinderung erhält der Auftragnehmer nach § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B, § 642 BGB eine Entschädigung. In anderen Fällen, die keine Behinderung darstellen nur bei Verschulden Schadensersatz.
Bei Zahlungsverzug
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B hat der Auftragnehmer ein Kündungsrecht bei Zahlungsverzug. Leistet der Auftraggeber auf eine Rechnung nicht, obwohl diese bereits fällig ist, kann der Auftragnehmer den Vertrag kündigen. Allerdings muss der Auftragnehmer dies dem Auftraggeber ankündigen und zunächst eine Frist setzen. Dies regelt § 9 Abs. 2 S. 2 BGB.
Möchte der Auftragnehmer diese Kündigungsmöglichkeit nicht ausüben, steht daneben als „milderes Mittel“ auch § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B zur Verfügung, der die Einstellung der Leistung ermöglicht.
und dann?
Die Folgen der Kündigung regelt § 9 Abs. 3 VOB/B. Im Ergebnis bekommt der Auftragnehmer seinen Werklohn für die erbrachten Leistungen. Für die noch ausstehenden Leistungen erhält er nichts. Daher ist jeder Bauunternehmer gut beraten, abzuwägen, ob ein Festhalten am Vertrag bei gleichzeitiger Erhebung der Ansprüche z.B. nach § 642 BGB nicht attraktiver ist als zu kündigen.