Mängelrechte – Teil 2: Kündigung und Ersatzvornahme nach VOB/B

In Rahmen unserer Serie über Mängelansprüche vor und nach Abnahme haben wir uns im ersten Teil mit Mangelbeseitigung und Schadensersatz nach § 4 Abs. 7 VOB/B beschäftigt. Auch im folgenden Beitrag geht es um Mängelansprüche vor Abnahme nach VOB/B. Dabei geht es diesmal um die zentrale Rechtsgrundlage bei Sachmängeln im Erfüllungsstadium: Kündigung und Ersatzvornahme nach § 4 Abs. 7 S. 3, § 8 Abs. 3 VOB/B.

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Wortlaut beider Regelungen:

§ 4 Abs. 7 S. 3 VOB/B:

„Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, so kann ihm der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigen werde (§ 8 Absatz 3).“

§ 8 Abs. 3 Nr. 1 S. 1 VOB/B:

„Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Absätze 7 und 8 Nummer 1 und des § 5 Absatz 4 die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist.“

§ 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B:

„Nach der Kündigung ist der Auftraggeber berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, doch bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens bestehen. Er ist auch berechtigt, auf die weitere Ausführung zu verzichten und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, wenn die Ausführung aus den Gründen, die zur Kündigung geführt haben, für ihn kein Interesse mehr hat.“

Mangelbeseitigungspflicht verletzt

Die erste Voraussetzung ist, dass der Auftragnehmer seine Pflicht zur Mangelbeseitigung verletzt hat. Diese Pflicht ist in § 4 Abs. 7 S. 1 VOB/B geregelt (siehe Teil 1 dieser Serie). Satz 1 regelt allerdings nur, dass erkannte Mängel zu beseitigen sind, nicht wann. Umso schwerer ist die Feststellung, ob und wann der Auftragnehmer seine Beseitigungspflicht tatsächlich verletzt hat.

Aus diesem Grund ist unbedingt zu empfehlen, bereits mit der ersten Mängelrüge eine angemessene Frist zu setzen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann der Auftraggeber dann mit guten Gründen davon ausgehen, dass der Auftragnehmer seiner Beseitigungspflicht nicht nachkommt

Frist zur Beseitigung mit Kündigungsandrohung

Allein der Ablauf einer ersten Frist zur Mangelbeseitigung löst noch keine weiteren Maßnahmen des Auftraggebers aus. Die VOB/B ist (auch) hier zweistufig aufgebaut: Nach einem ersten Fehlverhalten gibt es zunächst noch einen weiteren letzten „Warnschuss“, bevor es ernst wird. In diesem Fall ist es eine weitere Fristsetzung. Allerdings muss hier gleichzeitig die drohende Rechtsfolge benannt werden. Die Kündigung nach ergebnislosem Fristablauf ist ausdrücklich und unmissverständlich anzudrohen.

Dem Auftragnehmer soll also ein letztes Mal die Chance gegeben werden, sich vertragsgerecht zu verhalten. Innerhalb der gesetzten Frist kann er – letztmalig – den festgestellten Mangel beseitigen, ohne mit weiteren Konsequenzen rechnen zu müssen.

Ausspruch der Kündigung

Sollte die zweite Frist (sog. Nachfrist) erneut ohne Ergebnis ablaufen, kann der Auftraggeber kündigen. Er muss dies alsbald nach Fristablauf tun, da ansonsten die Kündigungsandrohung „wertlos“ werden kann – so zumindest die herrschende Ansicht. Dann müsste vor einer Kündigung erneut eine Nachfrist mit Androhung gesetzt werden.

Die Kündigung richtet sich nach § 8 Abs. 3 VOB/B. Sie ist insbesondere schriftlich auszusprechen. Idealerweise sollte ihr Zugang beim Auftragnehmer nachweisbar sein. Es versteht sich von selbst, dass der Wortlaut einer Kündigung eindeutig sein sollte: Das Ende des Vertragsverhältnisses muss aus der Formulierung eindeutig hervorgehen. Es empfiehlt sich, gleichzeitig auf die weiteren Rechtsfolgen hinzuweisen: Ersatzvornahme und/oder Schadensersatz. Anspruchsvoraussetzung ist das allerdings nicht.

Ersatzvornahme oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung

Erst nach wirksamer Kündigung darf der Ersatzunternehmer beauftragt werden. Öffentliche Auftraggeber müssen auch diese Leistung dem Wettbewerb unterstellen und das Vergaberecht beachten.

Nur die Mehrkosten der Ersatzvornahme hat der gekündigte Auftragnehmer zu bezahlen. Beispiel: Für eine Malertätigkeit war im ursprünglichen Vertrag eine Vergütung von 1.500 € vereinbart. Diese Leistung wurde nicht mehr erbracht und musste neu vergeben werden. Die Vergütung beträgt nun 1.800 €. Zu ersetzen sind hier nur die Mehrkosten, also die 300 € Aufpreis. Die restliche Betrag – 1.500 € – wäre ja ohnehin angefallen.

Anstelle der Ersatzvornahme kann der Auftraggeber auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Voraussetzung ist, dass aufgrund der mangelhaften Leistung eine Weiterführung der Arbeiten nicht mehr in Betracht kommt.

Dies dürfte sehr selten vorkommen. Zu denken wäre an solche Fälle, in denen nach Ablauf einer bestimmten Zeit kein Interesse mehr an der Bauleistung besteht. Oder an Fälle, in denen die Mängel derart große Folgeschäden verursacht haben, dass eine Fertigstellung des Bauwerks technisch nicht mehr möglich ist. Die durch die Nichterfüllung entstehenden Mehrkosten und Schäden sind dann ebenfalls vom Auftragnehmer zu tragen.

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