Seit 2016 gilt die neue Vergabeverordnung (VgV). Sie hat im Vergleich zu ihrer früheren Fassung deutlich an Bedeutung gewonnen. Erstmals sind dort einzelne Vergabearten und deren Durchführung geregelt. Insbesondere beinhaltet die VgV auch das ehemalige „VOF-Verfahren“. Wir haben hierüber bereits berichtet. Das Regelverfahren für die Vergabe von Architekten- und Ingenieursleistungen ist das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb. Erstaunlicherweise kann auf das Verhandeln selbst neuerdings ganz verzichtet werden.
Verhandlung vorbehalten
Möglich macht das die Regelung in § 17 Abs. 11 VgV. Dort heißt es:
„Der öffentliche Auftraggeber kann den Auftrag auf der Grundlage der Erstangebote vergeben, ohne in Verhandlungen einzutreten, wenn er sich in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung diese Möglichkeit vorbehalten hat.“
Mit anderen Worten kann die Vergabestelle bereits im Rahmen der Bekanntmachung ankündigen, dass sie eventuell gar nicht verhandeln will. Es handelt sich dabei nur um eine unverbindliche Aussage unter Vorbehalt. Möchte die Vergabestelle später doch in Verhandlungen eintreten, bleibt dies möglich. Sie muss eben nur nicht verhandeln. Von daher ist es durchaus empfehlenswert, den Vorbehalt stets zu erklären – um alle Möglichkeiten offen zu halten.
Angebot in Textform
Ein Zuschlag ohne vorherige Verhandlung ist allerdings nur dann möglich, wenn die Prüfung und Wertung der Zuschlagskriterien ohne persönlichen Kontakt mit dem Bieter erfolgen kann. Dies wiederum setzt voraus, dass alle wertungsrelevanten Angaben in Textform vorliegen. Und natürlich darf es nicht um sogenannte „weiche“ Kriterien wie persönlicher Eindruck, Art der Präsentation usw. gehen.
Im Ergebnis muss also eine abschließende Wertung allein auf Basis des Erstangebots möglich sein, § 17 Abs. 11 VgV. Das Angebot selbst ist in Textform einzureichen, § 53 Abs. 1 VgV.
Aufklärung vs. Verhandlung
Abzugrenzen von der Verhandlung ist die bloße Erläuterung des Angebots. Dies kann zur Aufklärung des Angebotsinhalts erforderlich werden. Die Erläuterung führt jedenfalls nicht dazu, dass der Bieter danach ein neues Folgeangebot abgeben muss. Es geht ausschließlich darum, das abgegebene Erstangebot zu erklären. Dieses bleibt die Grundlage für den Zuschlag, sofern keine anschließende Verhandlung stattfindet.
Ratsam ist es, die Vorstellung und Erläuterung des Angebots auch zeitlich klar von der Verhandlung zu trennen. Entsprechend sehen auch die Formblätter z.B. im VHF Bayern eine klare Trennung bei der Terminierung vor. Es sind jeweils gesonderte Termine einzutragen für Vorstellung und die eigentliche Verhandlung – sofern diese überhaupt stattfinden soll.
Grenzen der Verhandlung
Bei der Verhandlung ist schließlich noch Folgendes zu beachten: Gegenstand kann prinzipiell der gesamte Angebotsinhalt sein. Ein Verhandlungsverbot besteht allerdings für die Mindestanforderungen, die der Auftraggeber festgelegt hat. Ebenfalls nicht verhandelbar ist die Frage, welche Zuschlagskriterien von der Vergabestelle gewertet werden. Dies ist in § 17 Abs. 10 S. 2 VgV geregelt.