„Nur“ ein optischer Mangel?

Vielen Bauherren ist die Situation bekannt: Bei der Abnahme sieht etwas nicht so aus, wie man sich das vorgestellt hatte. Macht man den Bauunternehmer darauf aufmerksam lautet die Antwort häufig: „Aber das ist ja nur ein optischer Mangel.“. Was hat es damit auf sich? Muss man mit optischen Mängeln leben? Wo ist die Grenze?

Ausgangspunkt

Auch bei optischen Mängeln muss zunächst „einfach“ geprüft werden, ob es sich um einen Mangel im Sinne der VOB/B handelt. Wann solche vorliegen, haben wir bereits in Teil 1, Teil 2 und Teil 3 der Serie zum Begriff des Sachmangels behandelt. Für optische Mängel gilt nichts anderes, als für technische Mängel. Das bedeutet:

Ist einer dieser Punkte nicht eingehalten, ist das Werk mangelhaft!

Bagatellen

„Aber das ist doch nur eine Bagatelle.“ ist ein häufiger Einwand. Das sei doch nicht so schlimm und technisch würde alles funktionieren.

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 30.07.2015 – VII ZR 70/14) ist hier hart:

Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit nicht zu einer Beeinträchtigung des Werts oder der Gebrauchstauglichkeit des Werks führt.

Das leuchtet ja auch ein: Bestelle ich für einen repräsentativen Eingangsbereich hochwertige Böden, so kommt es mir nicht alleine darauf an, ob diese rutschfest sind. Die Erscheinung ist ebenso wichtig.

Mängelrechte

Liegt nun ein optischer Mangel vor, stellt sich die Frage, ob der Bauherr dessen Beseitigung verlangen kann. Nach den oben ausgeführten Grundsätzen gilt hier nichts anderes als für technische Mängel.

§ 13 VOB/B kennt eine Rangfolge. Nach § 13 Abs. 5 VOB/B steht zuerst die Nachbesserung (ggf. mit Ersatzvornahme). Der Auftraggeber kann also im ersten Schritt auch bei einem optischen Mangel nichts anderes tun, als die Nachbesserung zu verlangen.

Erst wenn diese unmöglich ist oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert, könnte der Auftragnehmer sie verweigern. In diesem Fall würde der Anspruch auf Nachbesserung zu einem Anspruch auf Minderung nach § 13 Abs. 6 VOB/B werden. Der Auftraggeber müsste also mit dem Mangel leben, bekommt aber Geld zurück.

Aber Vorsicht: Unverhältnismäßig ist nicht jeder hohe Aufwand, sondern nur der hohe Aufwand, dem auf Seiten des Auftraggebers kein Nutzen gegenübersteht. Es können also verschiedene Maßstäbe gelten, je nach dem ob es z.B. um den Bodenbelag vor dem Empfang oder um den Bodenbelag in einer Putzkammer geht.

Fazit

Optische Mängel sind Mängel ohne wenn und aber. Daher tut ein Bauherr gut daran, sich nicht auf Diskussionen über den Begriff des optischen Mangels einzulassen. Vielmehr sollten die Parteien auf dem Boden der VOB/B prüfen, ob ggf. Mängelrechte eingeschränkt sind, was in Ausnahmefällen mal vorkommen kann.

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