Ein Szenario, das leider gelegentlich vorkommt: Die Baustelle schreitet gut voran, mehrere Gewerke sind nahezu fertig. Und dann – wenige Wochen vor der Abnahme – bricht ein Feuer aus. Decken, Wände, Türen, Böden, Fenster, Kabel usw. werden beschädigt oder ganz zerstört. Auftragnehmer und Auftraggeber stehen vor der Frage: Wie geht es jetzt weiter?
Die folgenden Überlegungen beschäftigen sich zunächst einmal mit der Vergütung des Auftragnehmers. Andere Folgen – zum Beispiel Ansprüche wegen verlängerter Bauzeit – sind Themen späterer Beiträge.
Vergütung des Auftragnehmers
Es gilt weiterhin folgender Grundsatz: Der Auftragnehmer schuldet ein im Zeitpunkt der Abnahme mangelfreies Werk. Das heißt, dass er Beschädigungen seiner noch nicht abgenommenen Bauleistung auf eigene Kosten beseitigen muss. Dies folgt aus § 4 Abs. 7 VOB/B.
Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme, wenn die erbrachte Leistung durch höhere Gewalt oder andere objektiv unvermeidbare Umstände beschädigt oder zerstört wurde. Für diesen Fall regelt § 7 Abs. 1 VOB/B, dass der Auftragnehmer trotzdem eine Vergütung seiner Leistung verlangen kann.
Beim Brand auf der Baustelle bedeutet das: Die ausführende Firma muss nachweisen,
- dass sie das Feuer nicht selbst verursacht hat und
- dass das Feuer weder für sie noch für den Auftraggeber vorhersehbar und vermeidbar war.
Kann eine Baufirma diese Voraussetzungen darlegen und im Streitfall beweisen, bekommt sie ihren Werklohn. Dass die Leistungen infolge des Brandes ganz oder teilweise nicht mehr zu gebrauchen sind, spielt dann keine Rolle.
Nachweis nicht einfach
Was zunächst ganz einfach klingt, lässt sich in der Praxis oft nur schwer nachweisen. Die Gerichte legen die Begriffe „höhere Gewalt“ und „unabwendbare Umstände“ sehr eng aus.
Höhere Gewalt
Darunter versteht die Rechtsprechung ein von außen einwirkendes und objektiv unabwendbares Ereignis. Dieses darf trotz äußerster Sorgfalt ohne Gefährdung des wirtschaftlichen Erfolges des Unternehmers nicht abwendbar sein. Es darf auch nicht so häufig vorkommen, dass es einfach so in Kauf zu nehmen ist (so schon RG JW 1931, 865; BGH, Urt. v. 23.10.1952 – III ZR 364/51).
Beispiel: Durch einen Blitzschlag während eines heftigen Wintergewitters gerät das Dach eines mehrstöckigen Rohbaus in Brand. Die Firma muss darlegen, dass es keine zumutbaren Maßnahmen zum Schutz des Gebäudes vor Blitzschlag gegeben hat.
Sonstige unabwendbare Umstände
Diese müssen nach menschlicher Einsicht und Erfahrung in dem Sinne unvorhersehbar sein, dass sie oder ihre Auswirkungen trotz Anwendung wirtschaftlich erträglicher Mittel nicht verhütet oder in ihren Wirkungen bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können (so BGH Urt. v. 21.08.1997 – VII ZR 17/96). Dabei muss das Ereignis objektiv und unabhängig von der konkreten Situation des betroffenen Auftragnehmers unvorhersehbar und unvermeidbar gewesen sein.
Beispiel: Ein Mitarbeiter eines Bauunternehmers will sich an seinem Chef rächen. Er betritt nachts die Baustelle und setzt einen Schutthaufen in Brand. Das Feuer greift auf den Rohbau über und zerstört diesen.
Was daraus folgt
Bei einem Feuer durch Blitzschlag lässt sich höhere Gewalt häufig gut beweisen. Hier geht es um ein außergewöhnliches Unwetterereignis, das von außen auf die Baustelle einwirkt. Der Auftragnehmer muss darlegen, dass er die Beschädigung mit zumutbaren Mitteln nicht vorhindern konnte.
Bei Brandstiftung ist es dagegen schwieriger. Zunächst ist auszuschließen, dass der Auftragnehmer das Feuer selbst während der Arbeit verursacht hat. Im nächsten Schritt kommt es darauf an, ob der Brand vorhersehbar war und hätte verhindert werden können. Dies wird bei einer vorsätzlichen Brandstiftung in aller Regel nicht der Fall sein, sodass § 7 VOB/B einen Vergütungsanspruch liefert. Den im Beispiel genannten Rachefeldzug eines Bauarbeiters konnte niemand erahnen und abwenden.
Anders ist es, wenn bekannt ist, dass an einer ungesicherten und offen zugänglichen Baustelle eine erhöhte Brandgefahr vorherrscht – zum Beispiel aufgrund eines Fackelumzugs entlang des Grundstücks. Dann muss der Auftragnehmer Schutzmaßnahmen ergreifen, um sein Werk vor Feuer zu schützen (vgl. OLG Jena, Urteil vom 29.10.1997 – 2 U 417/97). Ein Brandschaden ist dann also gerade nicht unvermeidbar.