Neues für Architekten- und Ingenieurverträge
Seit 1. Januar 2018 ist das neue Bauvertragsrecht im BGB nun in Kraft. Wir haben uns bereits mit den Auswirkungen auf Bauverträge befasst. Weitere Beiträge haben sich mit den Vertragspflichten der Architekten und Ingenieure und dem neuen Anordnungsrecht beschäftigt. Diesmal stehen die wichtigsten Neuregelungen für Architekten- und Ingenieurverträge im Mittelpunkt.
Sonderkündigungsrecht
In § 650r BGB ist erstmals ein spezielles Sonderkündigungsrecht enthalten. Es geht dabei hauptsächlich um Verträge, in denen der Architekt schon erste Leistungen erbringt, obwohl die Planungsziele noch gar nicht feststehen. In solchen Fällen muss der Architekt zunächst eine Planungsgrundlage mit Kosteneinschätzung vorlegen (vgl. § 650p Abs. 2 BGB). Will der Bauherr auf dieser Grundlage nicht mehr am Architektenvertrag festhalten, kann er innerhalb von zwei Wochen kündigen. Im Gegenzug kann der Architekt kündigen, wenn der Bauherr der erarbeiteten Grundlage nicht zustimmt. Auf diese Weise ist es beiden Vertragspartnern möglich, sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt wieder voneinander zu trennen.
Anspruch auf Teilabnahme
Nach § 650s BGB hat der Architekt oder Ingenieur einen neuen Anspruch auf Teilabnahme. Angeknüpft wird dabei an die Bauverträge, die der Freiberufler überwachen muss. Sobald die Leistungen in allen Bauverträge abgenommen sind, darf auch er die Teilabnahme seiner bisherigen Leistungen fordern.
Das hat durchaus Vorteile für den Architekten bzw. Ingenieur: Er kann dann eine Teilschlussrechnung stellen. Eventuell einbehaltene Sicherheiten für die Vertragserfüllung – zum Beispiel eine Bürgschaft – muss der Auftraggeber herausgeben. Außerdem läuft mit Teilabnahme die Gewährleistungsfrist – 5 Jahre nach BGB – für alle bis dahin erbrachten Leistungen an. Damit verändert sich auch die Beweislast: Der Freiberufler muss im Streitfall nicht mehr beweisen, dass er mangelfrei geleistet hat. Vielmehr hat nun der Auftraggeber nachzuweisen, dass ein Planungs- oder Überwachungsfehler vorliegt.
Nachteil für den Auftraggeber: Er muss sich darauf einstellen, dass pro Architekten- bzw. Ingenieurvertrag mehrere Gewährleistungsfristen laufen. Einmal gibt es die Frist ab Teilabnahme. Für die verbleibenden Restleistungen läuft eine weitere Gewährleistungsfrist erst ab der „Schlussabnahme“. Es empfiehlt sich daher, für jeden Vertrag eine genaue Fristenberechnung mit entsprechendem Kalendereintrag durchzuführen.
Gesamtschuldnerische Haftung
Vorteilhaft ist für Architekten und Ingenieure die Neuregelung in § 650t BGB. Darin geht es um ihre Haftung als Gesamtschuldner. Bisher war es so: War für einen Baumangel sowohl der Bauunternehmer als auch der Planer verantwortlich, hatte der Auftraggeber die Wahl. Er konnte sich aussuchen wen er in Anspruch nimmt. Sowohl die Baufirma als auch der Architekt oder Ingenieur waren verpflichtet, den daraus entstandenen Schaden in voller Höhe zu ersetzen. Sie mussten sich dann untereinander um eine Ausgleichszahlung bemühen.
Um zu verhindern, dass vorschnell der Planer in Anspruch genommen wird, gibt es nun § 650 t BGB. Dieser besagt, dass der Auftraggeber immer zuerst die Mängelbeseitigung vom Bauunternehmer verlangen muss. Tut er das nicht, kann er den Architekten oder Ingenieur nicht in Anspruch nehmen. Man spricht hier auch vom „Vorrang der Nacherfüllung“.
Anordnungsrecht
Auch für Architekten und Ingenieure gilt das neue Anordnungsrecht. In § 650q Abs. 1 BGB wird darauf verwiesen. Inhaltlich gelten daher auf die Ausführungen in unserem bereits veröffentlichten Beitrag. Nur eines ist zu ergänzen: Die Anpassung der Vergütung richtet sich nach der HOAI, sofern dort geregelte Grundleistungen angeordnet worden sind. Das zwingende Preisrecht darf also auch in diesem Fall nicht umgangen werden.