Vor einiger Zeit haben wir die Frage aufgeworfen, warum das Vergaberecht so unbeliebt ist.
Einer der Gründe besteht sehr sicher darin, dass das es sehr aufwendig ist. Und dies liegt nicht zuletzt daran, dass Maßnahmen regelmäßig in sehr viele Lose, nämlich Fach- und Teillose, zu zerlegen sind. Wo diese Vorgabe herkommt und ob dieses Zerlegen denn immer notwendig und sinnvoll ist, wird im Podcast diskutiert.
Wie ist die Rechtslage?
In § 97 Absatz 4 GWB ist geregelt, dass mittelständische Interessen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen sind. Ferner sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.
Wann darf ich von der Losvergabe abweichen?
Der letzte Satz, also § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB, legt nahe, dass man als Vergabestelle durchaus auch mehrere Lose kombinieren kann. Schaut man sich die Voraussetzungen aber einmal genauer an, stellt man aber fest, dass die aufgestellten Anforderungen sehr hoch sind. Gerade der Begriff des Erforderns ist eine in der Praxis häufig nicht überwindbare Hürde dar. Es reicht gerade nicht aus, dass die gemeinsame Vergabe mehrerer Lose nur vorteilhaft oder sinnvoll wäre, es muss stattdessen (zwingend) erforderlich sein.
Dass es auch anders geht, zeigt der Gesetzgeber in einer Sonderregelung im Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz (§ 3 Abs. 3 BwBBG), das bei selber Ausgangslage nur ein Rechtfertigen verlangt. Hier bekommt die Vergabestelle einen eigenen Spielraum für sinnvolle Lösungen.
Die Regelung zeigt gleich noch eine weitere Besonderheit, es können nämlich auch zeitliche Gründe herangezogen werden, die nach der Ausgangsregelung des GWB gerade keine (eigene) Rolle spielen. Der dort genannte Grund der Wirtschaftlichkeit spielt in der Praxis nahezu keine Rolle, so dass letztlich immer nur die Frage bleibt, ob es aus technischen Gründen heraus gar nicht anders möglich ist, als die Lose zu kombinieren. Im Ergebnis bleibt dann zumeist eine lange Liste an einzeln zu vergebenden Gewerken übrig.
Wo kommt die Regelung her?
Reflexartig geht man davon aus, dass eine bürokratische Vorgabe doch nur von der EU kommen könne. Dies ist aber gerade nicht der Fall, denn die Regelung ist eine deutsche Besonderheit. Eine derart strikte Vorgabe, man kann schon fast sagen einen Zwang zur Losvergabe, gibt es nur in Deutschland und europarechtlich wäre dies gar nicht nötig. Der deutsche Gesetzgeber meint mit dieser Regelung den Mittelstand schützen zu müssen und zu können.
Mit Blick auf die Marktsituation darf dieser Ansatz zumindest angezweifelt werden. Der deutsche Gesetzgeber hätte an dieser Stelle auf alle Fälle eine große Möglichkeit, die Vergabe öffentlicher Aufträge deutlich zu erleichtern und zu beschleunigen. Und ganz nebei bestünde dann auch die Möglichkeit, dass das Vergaberecht ein bisschen beliebter werden würde.