Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B -, kurz VOB/B, hat eine zentrale Bedeutung für die Abwicklung von Bauverträgen in Deutschland. In Folge 20 unseres Podcasts werfen wir einen Blick auf Wesen und Bedeutung dieser Regelung – insbesondere auf die sogenannte Privilegierung der VOB/B.
Kein Gesetz
Die VOB/B hat ihre Wurzeln in den 1920er Jahren. Seitdem hat sie zwar einige Überarbeitungen durchlaufen, wurde im Kern aber stets nur unwesentlich verändert. Dies liegt insbesondere daran, dass sie nicht wie ein Bundesgesetz von Bundestag und Bundesrat angepasst wird, sondern von einem Ausschuss. Dieser sogenannte Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) ist zu gleichen Teilen besetzt mit Vertretern aus dem Bereich der (öffentlichen) Auftraggeber und der Auftragnehmer.
In diesem Ausschuss werden Änderungen der VOB/B in der Regel mit einer Dreiviertelmehrheit beschlossen. Das heißt, dass weder die Auftraggeber noch die Auftragnehmer alleine in der Lage sind, Veränderungen an der VOB/B vorzunehmen. Das macht die VOB/B zu einem sehr beständigen und verlässlichen Regelwerk. Kritiker werfen ihr aber auch Starrheit und mangelnde Anpassungsfähigkeit an Bedürfnisse der aktuellen Baupraxis vor.
Privilegierung der VOB/B
Da die VOB/B im paritätisch besetzten DVA beschlossen wird, ist sie ein insgesamt ausgewogenes Regelwerk. Zwar mag es einzelne Klauseln geben, die entweder für die Auftraggeber- oder die Auftragnehmerseite von Vorteil sind. Insgesamt betrachtet gleichen sich die Vor- und Nachteile einzelner Klauseln jedoch aus, sodass die VOB/B als Ganzes ein sehr faires und gerechtes Regelwerk darstellt.
Diese Ausgewogenheit führt zur sogenannten Privilegierung der VOB/B. Wenn sie unverändert als Ganzes zum Vertragsinhalt geworden ist, kann kein Gericht eine Inhaltskontrolle einzelner Klauseln durchführen – wie dies bei allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist (§§ 307 ff. BGB). Dadurch erhält die VOB/B eine besondere Verlässlichkeit in der praktischen Anwendung.
Allerdings bringt dies auch Herausforderungen mit sich. Der Vertragspartner, der die VOB/B zum Vertragsgegenstand macht – wegen § 8a Abs. 1 VOB/A jedenfalls der öffentliche Auftraggeber -, sollte sicherstellen, dass er keine von der VOB/B abweichenden Regelungen zum Vertragsinhalt macht. Andernfalls ist die Privilegierung fort – und ein Rechtsstreit hinsichtlich der Wirksamkeit einzelner VOB/B-Klauseln möglich.