Das Bausoll im VOB/B-Vertrag

In diesem Artikel möchte ich die Frage behandeln, was in einem VOB/B-Vertrag Bausoll ist. Die scheinbar banale Frage bietet in der Praxis immer wieder Zündstoff. Sie ist relevant für die Frage, ob es sich um Nachtragsleistungen handelt, wie auch für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt.

Was ist Bausoll?

Nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 S. 1 VOB/B ist die Antwort leicht: Bausoll ist das, was vertraglich verlangt ist:

Die auszuführende Leistung wird nach Art und Umfang durch den Vertrag bestimmt.

Es gilt also – wenig überraschend – dass der Vertrag das Bausoll bestimmt.

§ 1 Abs. 1 S. 2 VOB/B ergänzt diese Regelung um die VOB/C. Bei Verträgen die die VOB/B vereinbaren, gilt die VOB/C automatisch als Vertragsinhalt. Die VOB/C muss also nicht gesondert vereinbart werden, wenn die VOB/B vereinbart wird. Bei Verträgen der öffentlichen Hand ist die VOB/B regelmäßig Vertragsbestandteil, da das Vergaberecht dies vorschreibt (§ 8a VOB/A und § 8a EU VOB/A). Umgesetzt wird dies beispielsweise durch die Formblätter 213.H/StB Nr. 5 (VHB Bayern) und 213 Nr. 5 (VHB Bund).

Die VOB/C

Wie gerade festgestellt, gilt die VOB/C bei jedem VOB/B-Vertrag als Vertragsbestandteil. Die VOB/C wird auch als „Allgemeine Technische Vertragsbedingungen“ bezeichnet (kurz: ATV). Es handelt sich dabei um eine Sammlung von DIN Normen für einzelne Gewerke, der eine allgemeine DIN vorangestellt ist, die für alle Gewerke gilt.

Leider sind die Regelungen der VOB/C nicht kostenlos öffentlich zugänglich. Jedem, der mit VOB/B Verträgen beschäftigt ist, ist daher dringend zu raten, eine VOB Ausgabe zu kaufen, die auch die VOB/C enthält.

Die VOB/C ist auch deswegen eine wichtige Vertragsgrundlage, weil darin auf weitere technische Regelwerke verwiesen wird. Diese werden damit auch Vertragsbestandteil.

Was tun bei Widersprüchen im Vertrag?

Wie beschrieben sind bei jedem VOB/B-Vertrag viele technische Regelwerke von Haus aus Vertragsbestandteil. Diese enthalten unzählige Anforderungen, Definitionen, Verfahren und Eigenschaften die die Bauleistung erfüllen muss. Hinzu kommt in der Regel noch das Leistungsverzeichnis mit Vorbemerkungen, Plänen und zahlreichen weiteren Vertragsbestandteilen. Was nun tun, wenn sich diese Regelungen widersprechen.

Die üblichen Bestandteile eines VOB/B-Vertrages

Die Bauverträge enthalten eine Vielzahl verschiedener Vertragsbestandteile:

  1. die Leistungsbeschreibung:
    bestehend aus Leistungsverzeichnis, Plänen, Vortext, Baubeschreibung etc.
  2. die Besonderen Vertragsbedingungen:
    kurz BVB (z.B. Formblatt 214 VHB Bund und Bayern). Es handelt sich um Regelungen, die die konkrete Baustelle betreffen, wie etwa Fristen.
  3. etwaige Zusätzliche Vertragsbedingungen:
    kurz ZVB (z.B. Formblatt 215 VHB Bund und Bayern). Dabei handelt es sich um Regelwerke, die auf die Bedürfnisse eines konkreten Auftraggebers abgestellt sind und die deshalb bei all seinen Verträgen verwendet werden.
  4. etwaige Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen:
    kurz ZTV (z.B. ZTV-Ing), dabei handelt es sich um technische Normen, die Anforderungen an Verfahren, Stoffe, Bauteile etc. enthalten.
  5. die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen:
    die VOB/C
  6. die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen:
    die VOB/B.

Widerspruch zwischen den Vertragsbestandteilen

§ 1 Abs. 2 VOB/B regelt nun was gilt, wenn zwischen diesen Vertragsbestandteilen Widersprüche herrschen. Es gilt die Reihenfolge wie oben beschrieben: das Speziellere geht dem Allgemeinen vor. Regelt eine Vorschrift der VOB/C etwas, was von dem Leistungsverzeichnis abweicht, gilt das Leistungsverzeichnis.

Widerspruch innerhalb der Vertragsbestandteile

Häufig treten Fälle auf, in denen der Widerspruch nicht zwischen den verschiedenen Vertragsbestandteilen vorliegt, sondern innerhalb einzelner Vertragsbestandteile. Diesen Fall regelt § 1 Abs. 2 VOB/B nicht.

So ein Widerspruch könnte beispielsweise zwischen Plänen und dem textlich beschriebenen Leistungsverzeichnis vorliegen. Beides sind Teile der Leistungsbeschreibung. In diesem Fall lautet der Grundsatz der Rechtsprechung: Weder Plan noch Text haben isoliert Vorrang, sondern die Leistungsbeschreibung ist als sinnvolles Ganzes auszulegen.

Zu welchen Ergebnissen das führen kann, ilustriert ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.12.2002 – VII ZR 342/01:

In dem Fall wurde in einer langen textlichen Baubeschreibung eine Treppe detailiert beschrieben, in den Plänen tauchte sie jedoch nicht auf. Der Bauunternehmer baute nach den Plänen und errichtete keine Treppe. Der Bauherr sah dies als Mangel an und verklagte – nachdem keine Einigung erzielt werden konnte – den Bauunternehmer. Ergebnis: Eine Auslegung als sinnvolles Ganzes zeigt, dass eine Treppe gewollt ist. Der Plan ist weniger konkret als der Text, daher ist in diesem Fall dem Text der Vorang zu geben. Der Bauunternehmer hätte die Treppe errichten müssen, der Bauherr hatte also recht.

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