
In Folge 55 unseres Podcasts beschäftigen wir uns mit einem Thema, das in jedem Bauvertrag eine zentrale Rolle spielt. Es geht um die Frage, was der Unternehmer schuldet. Dazu werfen wir einen genaueren Blick auf § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VOB/B, also auf jene Regelungen, die für die Leistungsbestimmung und die Reihenfolge bei Vertragswidersprüchen wichtige Vorgaben enthalten.
Was regelt § 1 Abs. 1 VOB/B?
„Die auszuführende Leistung wird nach Art und Umfang durch den Vertrag bestimmt. Als Bestandteil des Vertrags gelten auch die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C).“
Hier werden zwei wichtige Grundsätze festgehalten:
- Vertrag bestimmt Leistung
Der Bauvertrag ist das maßgebliche Dokument für die Bestimmung der geschuldeten Leistungen. Damit wird klargestellt, dass die Leistungspflichten nicht durch Nebenabreden, Angebotsschreiben oder gar informelle Absprachen definiert werden, sondern ausschließlich durch den Vertrag selbst. - Einbeziehung der VOB/C
Bestandteil des Vertrags sind automatisch auch die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C). Diese enthalten detaillierte technische Regelungen zu einzelnen Gewerken.
Was regelt § 1 Abs. 2 VOB/B?
„Bei Widersprüchen im Vertrag gelten nacheinander:
die Leistungsbeschreibung,
die Besonderen Vertragsbedingungen,
etwaige Zusätzliche Vertragsbedingungen,
etwaige Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen,
die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen,
die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen.“
Dieser Absatz gibt eine Hierarchie zur Auslegung von Vertragsinhalten bei Widersprüchen vor. In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass unterschiedliche Vertragsdokumente sich widersprechen oder zumindest Unklarheiten hervorrufen.
Die Reihenfolge zeigt: An oberster Stelle steht die Leistungsbeschreibung, also das zentrale Dokument der Ausschreibung, gefolgt von den jeweils spezielleren Vertragsbedingungen, bis hin zu den allgemeineren Regelwerken wie der VOB/B selbst.
Widersprüche innerhalb der Leistungsbeschreibung
Nicht explizit geregelt ist ein weiterer Fall, der in der Baupraxis oft vorkommt. Wenn sich innerhalb der Leistungsbeschreibung Widersprüche zum Beispiel zwischen Positionstexten und Plänen ergeben, stellt sich die Frage, was dann vorrangig gilt. Tatsächlich gibt es hier keine einfache Faustregel. Im Podcast erläutern wir anhand eines Fallbeispiels, wie man zu einer Lösung dieses Problems kommt.
Fazit
Die Regelungen § 1 Abs. 1 und Abs. 2 VOB/B sind das Fundament für die Leistungsdefinition und die Konfliktvermeidung im Bauvertrag. Noch besser ist es, Widersprüche von Beginn an zu vermeiden und bereits bei der Erstellung der Vergabeunterlagen besonders auf inhaltliche Klarheit zu achten.