In einem meiner letzten Beiträge habe ich dargestellt, welche Folgen ein Brand auf der Baustelle haben kann. Dabei ging es um die Frage, ob für die beschädigten Bauleistungen Werklohn bezahlt werden muss. Dies hängt letztlich davon ab, ob der Brand ein unabwendbares Ereignis ist oder nicht. Heute will ich aufzeigen, welche weiteren Ansprüche in einer solchen Situation entstehen können.
Ein Brand zerstört nicht nur die eingebauten Materialien, er macht auch jeden Zeitplan zu nichte. Die Baustelle steht erst einmal ganz oder jedenfalls teilweise still, nachdem das Feuer ausgebrochen ist. Erst nach einer gewissen Unterbrechung kann dann weitergearbeitet werden. In aller Regel werden zunächst die Schäden beseitigt und betroffene Gewerke unter Umständen zurückgebaut werden müssen, bevor es nach dem ursprünglichen Bauablaufplan weitergehen kann.
Es stellen sich – ausgehend von einem VOB/B-Bauvertrag – vor allem folgende Fragen:
- Was passiert mit vertraglich vereinbarten Fristen? Muss der Auftragnehmer trotz Unterbrechung die Leistung pünktlich zum Vertragstermin fertigstellen?
- Was ist mit Kosten des Auftragnehmers, die diesem während des Stillstands der Baustelle entstehen? Dabei geht es in erster Linie um Lohn für nicht eingesetztes Personal oder um (Miet-)Kosten für nicht verwendetes Baugerät.
- Wie sieht es mit der Vergütung der später auszuführenden Bauleistung aus? Hier können beispielsweise Lohn- und Materialpreissteigerungen dazu führen, dass die Leistung viel teurer wird als zunächst angeboten.
Einfluss auf die Vertragsfristen
Die Frage, ob sich die Vertragsfristen nach einem Brand ändern, ist nicht ganz unberechtigt. Zunächst einmal kennt die VOB/B nämlich folgende Grundregel: Ausführungsfristen ändern sich dann, wenn die Behinderung aus dem Risikobereich des Auftraggebers stammt, § 6 Abs. 2 Nr. 1 a) VOB/B. Gerade völlig unvermeidbare Ereignisse, wie zum Beispiel Brandstiftung, kann man nicht ohne weiteres diesem Risikobereich zuordnen.
Um den Auftragnehmer in solchen Fällen nicht zu benachteiligten, wurde eine Sonderregelung in die VOB/B aufgenommen: Bei höherer Gewalt oder anderer für den Auftragnehmer unvermeidbarer Ereignisse, verlängern sich die Ausführungsfristen ebenfalls, § 6 Abs. 2 Nr. 1 c) VOB/B. Das heißt: Selbst dann, wenn das Feuer objektiv unvermeidbar war, verschiebt sich die Fertigstellungsfrist nach hinten. Der Auftragnehmer ist also nicht mehr an die ursprüngliche Bauzeit gebunden.
Kosten während des Stillstands
Hier hilft § 642 BGB weiter. Sofern der Auftraggeber das Baugrundstück nicht zur Verfügung stellen kann, gerät er in Annahmeverzug. Er kann die Bauleistung nicht entgegennehmen – wobei es egal ist, ob er hieran schuld ist oder nicht. Das gilt auch dann, wenn die Baustelle infolge eines Brandes lahmgelegt wurde. Der Auftragnehmer kann zwar in aller Regel nichts dafür, befindet sich jedoch gleichwohl im Verzug mit der Annahme der Bauleistung.
Der Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB beinhaltet alle Kosten während der Wartezeit – also vor allem Personal- und Gerätekosten. Dies ist auch Tenor der BGH-Rechtsprechung. Abzuziehen ist nur das, was sich der Auftragnehmer während des Stillstands erspart oder was er anderweitig erwerben kann.
Mehrkosten der geänderten Leistung
Nicht ganz eindeutig geklärt ist, wie es sich mit den Kosten für Schadensbeseitigung und Wiederherstellung verhält. Die herrschende Meinung sieht hier einen Fall des § 2 Abs. 6 VOB/B. Die Rück- und Wiederaufbauarbeiten nach einem Feuer sind als zusätzliche Leistung zu verstehen. Diese ordnet der Auftraggeber nach § 1 Abs. 4 VOB/B an. Die Folge ist, dass dem Auftragnehmer eine Mehrvergütung nach § 2 Abs. 6 VOB/B zusteht. Diese umfasst zum Beispiel auch Lohnsteigerungen oder gestiegene Materialpreise.
Zusammenfassend kann mal also sagen: Ein Brand auf der Baustelle sorgt nicht nur für Schwierigkeiten im Bauablauf. Er bringt auch eine Vielzahl von vertragsrechtlichen Fragen mit sich, die nicht immer einfach zu beantworten sind – und nicht selten auch viel Geld kosten können.