Blick in die Glaskugel: Was wird aus der VOB/A?

Die Vergabestellen warten derzeit auf die aktualisierte Version der VOB/A. Der Deutsche Vergabeausschuss (DVA) hat sich im November 2018 für eine Überarbeitung zumindest des 1. Abschnitts der VOB/A ausgesprochen. Die Neufassung soll Anfang 2019 veröffentlicht werden, liegt bislang aber noch nicht vor. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung enthält unterschiedliche Aussagen zur Zukunft der VOB/A. Unter anderem ist dort von einer „Vereinheitlichung des Vergaberechts“ die Rede. Was kann das bedeuten?

Auslegungsversuch

Diese „Vereinheitlichung“ könnte sich insbesondere auf die Regelungsstruktur der Bauvergabe auswirken. Denkbares Ziel könnte es bei dieser Lesart sein, alle Regelungen für Vergabeverfahren in einheitlichen Regelwerken zusammenzufassen.

Die Verfahrensregeln für die Vergabe von Bauleistungen sind derzeit in der VOB/A geregelt. Der 1. Abschnitt enthält die Normen für nationale Vergaben, der 2. Abschnitt ist bei EU-weiten Vergabeverfahren einschlägig. Der 3. Abschnitt gilt bei Bauaufträgen im Bereich Verteidigung und Sicherheit. Zwingend ist die Existenz einer VOB/A jedoch nicht.

Theoretisch könnte die EU-Bauvergabe im Zuge einer „Vereinheitlichung“ z.B. auch in der Vergabeverordnung (VgV) geregelt werden. Bei nationalen Vergaben wäre die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ein denkbarer Regelungsort.

Beispiel: VgV

Am Beispiel der VgV kann man sehen, wie durch relativ geringe Änderungen eine völlig neue Regelungsstruktur der Bauvergabe geschaffen werden könnte. Die Vergabeverordnung (VgV) ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung und wirkt wie ein Gesetz. Sie konnte erlassen werden, weil in § 113 GWB vorgesehen ist, dass die weitere Ausgestaltung der Vergabeverfahren in einer Verordnung geregelt werden darf.

Regelungsinhalt

Die VgV gilt ausschließlich für Vergabeverfahren und Wettbewerbe, die EU-weit ausgeschrieben werden müssen. Allerdings sind nicht alle im GWB vorgesehenen Vergabeverfahren in der VgV geregelt. Dies betrifft vor allem Vorschriften für Sektorenauftraggeber sowie Vergaben von verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen (§ 1 Abs. 2 VgV).

Eine Sonderrolle nimmt bislang die Vergabe von Bauaufträgen ein. Hier enthält die VgV nur einige grundlegende Vorschriften, verweist ansonsten aber auf Abschnitt 2 der VOB/A (§ 2 VgV). Dadurch wird die Anwendung der VOB/A – EU gesetzlich vorgeschrieben. Dies ist wichtig, da die VOB/A bei EU-Vergaben sonst nicht zwingend anwendbar wäre. § 2 VgV stellt also sicher, dass die Vorgaben der EU-Vergaberichtlinie, die in die VOB/A – EU eingeflossen sind, wirksam in deutsches Recht umgesetzt werden.

Denkbare Änderungen

Die Änderung des § 2 VgV und die Aufnahme eines besonderen Abschnitts für die Vergabe von Bauleistungen wären ein denkbarer Weg zur „Abschaffung“ der VOB/A – EU. Im Ergebnis gäbe es dann oberschwellig nur noch ein einziges Regelwerk, das alle Vorschriften für eine Vielzahl von Vergabeverfahren enthielte.

Die weiteren Aussichten

Im Moment spricht aus meiner Sicht vieles dafür, dass die bisherige Struktur der VOB/A nicht kurzfristig aufgegeben wird. Entsprechende Neufassungen der VOB/A sind abzusehen. Dennoch bleibt die Zukunft offen: Vielleicht schlägt der Koalitionsvertrag später doch noch ein neues Kapitel des Bauvergaberechts auf.

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