Wenn alles zu viel wird – Wegfall von § 3 Abs. 7 S. 2 VgV

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Wenn alles zu viel wird – Wegfall von § 3 Abs. 7 S. 2 VgV
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Bei der Vergabe von Dienstleistungen steht eine weitreichende Änderung bevor. Diese betrifft Planungsleistungen. Durch die Streichung des kleinen Satzes § 3 Abs. 7 S. 2 VgV droht ein großer Mehraufwand für Vergabestellen und Bieter.

Hintergrund

Bereits seit Jahren wird über § 3 Abs. 7 S. 2 VgV gestritten. Die Regelung besagt, dass der jeweilige Schwellenwert bei der Vergabe von Planungsleistungen für gleichartige Leistungen getrennt betrachtet werden darf. Das wurde so gelesen, dass gleichartige Leistungen nur solche Leistungen sind, die auch dem gleichen Leistungsbild der HOAI angehören.

Damit kam es für die Frage, ob eine Vergabe nach VgV (umgangssprachlich oft „VgV-Verfahren“ genannt) erforderlich ist nur darauf an, ob die einzelne Objekt- oder Fachplanung teurer als der Schwellenwert geschätzt wird.

Künftige Rechtslage

Sobald die bevorstehende Änderung in Kraft tritt, entfällt § 3 Abs. 7 S. 2 VgV. Damit gilt für Planungsleistungen das gleiche wie für Bauleistungen. Alles muss addiert werden, wenn der Schwellenwert ermittelt wird. Wenn die Summe aller Dienstleistungen für das Bauvorhaben den Schwellenwert überschreitet, unterfällt die Vergabe dem EU-Vergaberecht. Es muss jede Dienstleistung berücksichtigt werden, also neben den klassischen Planungsleistungen auch beispielsweise Vermessung, SiGeKo, Bodengutachten, Altlastenerkundung etc..

Damit unterliegen künftig viel mehr Planungen für Bauvorhaben dem Vergaberecht nach VgV als bisher.

Was tun?

Das Vergaberecht ist nicht die beliebteste Rechtsmaterie. Gerade im Bereich der Vergabe von Planungsleistungen waren in der Vergangenheit nur wenige Verfahren nach VgV durchzuführen. Vergabestellen sind hier schlicht weniger routiniert. Darum ist es jetzt empfehlenswert, Möglichkeiten zu ergreifen, den Aufwand zu reduzieren.

Verfahren vermeiden

Die erste Möglichkeit ist es, Verfahren zu vermeiden. Am wenigsten Aufwand macht ein Vergabeverfahren, das nicht stattfindet. Das Vergaberecht kennt verschiedene Instrumente, wie Vergabeverfahren „eingespart“ werden können, indem man sie zusammenfasst.

Rahmenverträge

Die erste Möglichkeit sind Rahmenverträge. Dabei wird eine (noch nicht abschließend konkretisierte) Anzahl von anstehenden Vergaben zusammengefasst in einen Rahmenvertrag. Wenn ich die Leistung brauche, ist für den Abruf einer Leistung aus dem Rahmenvertrag kein Vergabeverfahren mehr erforderlich.

Geeignet ist dieses Verfahren aber nicht überall. Es ist offensichtlich, dass man nicht den gleichen Auftragnehmer für Vermessungsleistungen, Gebäudeplanung und Lüftungsplanung beauftragen kann. Aber auch innerhalb der Gebäudeplanung wird es schwierig, verschiedene Projekte zusammenzufassen. Dafür sind häufig die Unterschiede zu groß und die erforderlichen Leistungen nicht hinreichend beschreibbar.

Anders sieht es aus bei der Vergabe beschreibbarer Leistungen. Vermessungsleistungen oder Bodengutachten lassen sich ohne weiteres zusammenfassen.

Seine Stärken spielt die Vergabe von Rahmenverträgen aber erst aus, wenn viele Leistungen zusammengefasst werden. Hier kommen kleine Vergabestellen schnell an den Punkt, dass es sich nicht mehr lohnt. Möglicherweise kann aber eine Zusammenarbeit mit anderen Vergabestellen hier weiterhelfen.

Generalplaner

Eine andere Möglichkeit Vergabeverfahren zu vermeiden, ist die Zusammenfassung von Objekt- und Fachplanungen in Bezug auf ein Projekt. Statt mehrerer Planer könnte ein Generalplaner beauftragt werden. Hier setzt aber § 97 Abs. 4 S. 3 GWB eine enge Grenze. Eine Zusammenfassung ist nur unter strengen Ausnahmevoraussetzungen erlaubt. Dabei handelt es sich um eine Besonderheit des deutschen Vergaberechts. Europarechtlich zwingend wäre diese Regelung nicht.

Verfahren vereinfachen

Schließlich wird man den Weg gehen müssen, die unvermeidbar vielen Verfahren zu vereinfachen. Auch hier bietet die VgV Ansatzpunkte. Im Bereich der VOB/A EU ist das offene Verfahren erprobt und wird mit großer Routine angewandt. Aus diesen Erfahrungen kann man profitieren. Auch die VgV kennt das offene Verfahren.

Fazit

Die Änderung hat sich keiner gewünscht. Dennoch war sie seit Jahren in Fachkreisen absehbar. Die Vergabestellen werden sicherlich zu Beginn neuen Herausforderungen ausgesetzt sein. Eine geschickte Wahl der Instrumente der VgV kann jedoch helfen, die Last zu lindern.

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