Seit seiner Veröffentlichung ist der Artikel zur Schlussrechnung vor Abnahme durchgehend beliebt. Das Thema scheint auf Interesse zu stoßen. Daher möchte ich mit diesem Beitrag daran anknüpfen und um Punkte der Abschlagsrechnung ergänzen.
Wann dürfen Abschlagsrechnungen gestellt werden?
Vor Abnahme
§ 16 Abs. 1 S. 1 VOB/B regelt, dass Abschlagszahlungen auf Antrag und in möglichst kurzen Zeitabständen zu gewähren sind. Mit dem Antrag meint die VOB/B nichts anderes als Abschlagsrechnungen. Mit diesen beantragt der Auftragnehmer die Zahlung einer Abschlagszahlung. Voraussetzung ist jedoch, dass der Auftragnehmer Leistungen erbracht hat. Diese Leistungen müssen vom Auftragnehmer nachgewiesen werden. Dies geschieht, wie bei der Schlussrechnung, durch ein Aufmaß. Hat der Auftragnehmer dies getan, hat er einen Anspruch auf eine Abschlagsrechnung.
Nach Abnahme
Wie in dem Artikel zur Schlussrechnung vor Abnahme ausgeführt, können bis zur Abnahme Abschlagsrechnungen gestellt werden. Aber was ist in der Zeit zwischen Abnahme und Schlussrechnung?
Der Auftragnehmer hat nach § 14 Abs. 3 VOB/B einige Zeit lang Zeit die Schlussrechnung zu stellen. Diese Zeit kann ganz erheblich sein, wenn die vertragliche Ausführungszeit lange war. Dauerte diese z.B. zwei Jahre, muss der Auftragnehmer neun Wochen nach Fertigstellung die Schlussrechnung einreichen.
Es mag Gewerke geben, da benötigt der Auftragnehmer tatsächlich lange Zeit, um die Abrechnung zu vervollständigen. Was ist jedoch, wenn in der Zeit zwischen der vorhergehenden Abschlagsrechnung und Fertigstellung erhebliche Leistungen erbracht wurden? Muss der Auftragnehmer nun die Schlussrechnung stellen oder kann er noch eine Abschlagszahlung verlangen?
Hierzu hatte der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 20.08.2009 – VII ZR 205/07 zu entscheiden. Leitsatz 1 dieser Entscheidung lautet:
„Das Recht des Auftragnehmers, Abschlagsforderungen zu erheben, erlischt, wenn die Abnahme erfolgt ist, die Leistung des Auftragnehmers fertig gestellt ist und die Frist abgelaufen ist, binnen derer der Auftragnehmer gemäß § 14 Nr. 3 VOB/B die Schlussrechnung einzureichen hat. „
Der BGH hat also entschieden, dass eine Abschlagsrechnung dann nicht mehr gestellt werden darf, wenn folgende drei Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sind:
- die Abnahme ist erfolgt,
- die Leistung ist fertiggestellt und
- die Frist zu Stellung der Schlussrechnung ist abgelaufen.
Aus der dritten Voraussetzung ergibt sich, dass auch nach Fertigstellung und Abnahme noch Abschlagsrechnungen eingereicht werden können, wenn die Frist zur Schlussrechnung nicht abgelaufen ist.
Fazit
Der Bauunternehmer kann auch nach Abnahme noch Abschlagszahlungen verlangen. Dies kann interessant sein, wenn zum Ende der Arbeiten hin beispielsweise sowohl komplex aufzumessende Leistungen erbracht werden (die die Stellung der Schlussrechnung verzögern) als auch teure Bauteile eingebracht werden (für die der Unternehmer in Vorleistung treten musste).
Sehr geehrte Damen und Herren,
eine Anfrage als Jungunternehmer im Baugewerbe sei mir bitte gestattet.
Ist es üblich, dass nach der Bauabnahme eine große nicht erwartete und nicht angekündigte Abschlagszahlung, praktisch vor der Schlussrechnung folgt?
Mit freundlichen Grüßen
R. Schuster
Sehr geehrter Herr Schuster,
dies ist keineswegs üblich, aber nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs rechtlich nicht ausgeschlossen. Es empfiehlt sich wie in jedem Fall mit seinem Vertragspartner offen zu kommunizieren, um diesen nicht mit einer Abschlagsrechnung nach Abnahme zu „überraschen“.
Mit freundlichen Grüßen
Roman Weifenbach