Im VOB/B-Vertrag hat der Auftraggeber zwei Möglichkeiten, nachträglich in den Leistungsumfang einzugreifen. Er kann eine bereits beauftragte Leistung per Anordnung ändern gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B. Oder er ordnet eine zusätzliche, bisher gar nicht geschuldete Leistung an, § 1 Abs. 4 VOB/B. In beiden Fällen erhält der Auftragnehmer eine geänderte Vergütung nach § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B. Inwieweit muss dieser Vergütung aber eine Ankündigung vorausgehen?
Ankündigung der Mehrvergütung
Tatsächlich gibt es einen deutlichen Unterschied, wenn man die VOB/B-Normen betrachtet, aus denen der Auftragnehmer eine Nachtragsvergütung ableiten kann: Bei § 2 Abs. 5 VOB/B (geänderte Leistung) genügt es, die Mehrvergütung nachzuweisen und geltend zu machen. § 2 Abs. 6 Nr. 1 (zusätzliche Leistung) ist anders aufgebaut:
„Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.“
Bedeutung der Ankündigungspflicht
Nun könnte man meinen, dass ein Auftraggeber, der eine zusätzliche Leistung möchte, schon wissen wird, dass es dadurch teurer wird. Gleichwohl hat sich die VOB/B hier für eine besondere Hinweispflicht des Auftragnehmers entschieden. Dem Auftraggeber soll noch einmal vor Augen geführt werden, dass ihm Mehrkosten entstehen werden. Dieser Hinweis hat also eine Art Warnfunktion.
Kein Geld ohne Ankündigung?
Was passiert, wenn der Auftragnehmer keinen rechtzeitigen Hinweis erteilt? Hier gehen die Meinungen auseinander. Vieles spricht dafür, die Ankündigung als Anspruchsvoraussetzung zu verstehen. Jedenfalls ist der VOB/B-Formulierung nichts anderes zu entnehmen. Dort heißt es, die Ankündigung „muss jedoch“ vor Leistungsbeginn erfolgen. Daraus lässt sich ableiten, dass von der Ankündigung eben auch der Anspruch auf besondere Vergütung abhängt. Dies entspricht auch schon lange der Sichtweise des BGH (Urteil vom 23.05.1996 – VII ZR 245/94).
Andere Stimmen in der Literatur sehen die Ankündigung nur als Obliegenheit. Es soll am Vergütungsanspruch nichts ändern, wenn der Auftragnehmer die Mehrvergütung nicht angekündigt hat. Der Auftraggeber kann allenfalls Schadensersatz fordern, wenn ihm mangels Ankündigung nachweislich ein finanzieller Nachteil entstanden ist. Diese Ansicht lässt sich meines Erachtens aber kaum mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B vereinbaren.
Und wenn die Ankündigung vergessen wurde?
Falls der Auftragnehmer die Mehrvergütung nicht angekündigt hat, führt dies im Ausnahmefall gleichwohl nicht zum Verlust des Anspruchs. Der BGH hat hier die Rechtslage in seinem oben genannten Urteil präzisiert. Zunächst betont er, dass die Ankündigungspflicht ein Ausdruck der Kooperationspflicht im Bauvertrag ist. Ziel ist der Schutz des Auftraggebers vor ungeahnten Kostenerhöhungen. Wörtlich heißt es in der Urteilsbegründung:
„Es soll ihm [dem Auftraggeber] möglich sein, eine kostenträchtige Anordnung zu überdenken und billigere Alternativen zu wählen. Auf nicht vermeidbare Kostenerhöhungen soll er sich so früh wie möglich einrichten können, sei es, um sie an anderer Stelle durch Einsparungen aus gleichen zu können, sei es, um die notwendigen wirtschaftlichen Dispositionen zu treffen.“
Fallgruppen
Nicht überraschend ist deshalb die Schlussfolgerung des BGH: Die Ankündigung ist dann hinfällig, wenn und soweit sie „im konkreten Fall für den Schutz des Auftraggebers entbehrlich und daher ohne Funktion war“. Hier gibt es folgende Fallgruppen:
- der Auftraggeber wusste, dass die Zusatzleistung nur gegen zusätzliche Vergütung erbracht wird oder dieses jedenfalls hätte erkennen können,
- der Auftragnehmer hatte keine Gelegenheit, in zumutbarer Weise die entsprechende Ankündigung zu machen oder hat diese ohne Verschulden versäumt,
- die sofortige Ausführung war alternativlos oder
- auch im Falle der rechtzeitigen Ankündigung hätte der Auftraggeber die zusätzliche Leistung verlangt.
Dass eine dieser Fallgruppen vorliegt, muss im Streitfall der Auftragnehmer darlegen und beweisen.
Fazit
Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass die Ankündigung der Mehrvergütung eine Anspruchsvoraussetzung ist. Es gibt aber – durchaus häufig – Situationen, in denen die Ankündigung überflüssig ist. In diesen Fällen entsteht ein Anspruch auf höhere Vergütung dann auch ohne vorherige Ankündigung durch den Auftragnehmer.