Nachforderung nach § 16a VOB/A 2019 – Was ist neu?

Im Zuge der Neufassung des 1. Abschnitts der VOB/A ist unter anderem § 16a völlig neu formuliert und strukturiert worden. Im folgenden Beitrag gehen wir zwei Fragen nach: Welche inhaltlichen Änderungen gibt es bei der Nachforderung? Und: Wie (vergabe-)praxisrelevant sind diese Änderungen?

Wirft man einen Blick auf die Seiten 44 und 45 unserer Synopse, fällt zunächst einmal auf, dass § 16a VOB/A 2019 viel länger geworden ist. Er besteht nun aus sechs Absätzen. Aber nicht alles, was dort steht, ist wirklich neu.

Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich des § 16a VOB/A 2019 ist gleich geblieben. Nach wie vor bezieht er sich nur auf solche Unterlagen, die bereits mit dem Angebot vorzulegen waren. Dies ist wichtig für die Praxis. Einer unserer Leser hat hierzu angemerkt: „Nach unserer Erfahrung liegen die Probleme oft bei jenen Unterlagen, die erst auf gesondertes Verlangen vorzulegen sind (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A), und hieran hat sich ja nichts geändert.“

Auch nach unserer Einschätzung wirkt sich der neue § 16a VOB/A 2019 nicht auf Fälle aus, in denen sich die Vergabestelle vorbehalten hat, nach Submission noch weitere Unterlagen anzufordern. Oftmals geht es hier z. B. um Preisermittlungsblätter solcher Bieter, die man in die engere Wahl nimmt. Diese Fälle sind weiterhin einzig und allein nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A 2019 zu behandeln. Diese Regelung blieb völlig unverändert.

„Nachforderung“ nun definiert

Die Neufassung des § 16a VOB/A enthält in Absatz 1 Satz 1 eine – etwas sperrige – Definition des Begriffs „Nachforderung“. Nachfordern heißt demnach zunächst einmal immer Auffordern zum „Nachreichen“ oder „Vervollständigen“, sofern Unterlagen ganz fehlen oder inhaltlich unvollständig sind. Dies betrifft „unternehmensbezogene“ und „leistungsbezogene“ Unterlagen gleichermaßen.

Unternehmensbezogene Unterlagen sind in der Regel solche, die sich auf die Eignung des Bieters beziehen. Leistungsbezogene Unterlagen werden dagegen bei der Prüfung der Zuschlagsfähigkeit eine Rolle spielen.

Bei den unternehmensbezogenen Unterlagen – und nur in diesem Fall – hat „Nachfordern“ noch eine weitere Bedeutung: Hier fällt darunter auch das Auffordern zum „Korrigieren“ von fehlerhaften Unterlagen. Der Bieter darf also ausdrücklich auch nachträgliche Änderungen an Angaben zu seinem Unternehmen vornehmen, z. B. an einem Eignungsnachweis. Zu einer inhaltlichen Änderung des Angebots wird dies jedoch nicht führen können. Die „leistungsbezogenen Unterlagen“ – also z. B. die vorzulegenden Gleichwertigkeitsnachweise bei einzelnen Leistungspositionen – dürfen gerade nicht mehr verändert werden.

Die Neuformulierung wird nach unserer Auffassung aber auch zu neuen Schwierigkeiten führen. Es gibt keine klare Grenze zwischen „unvollständig“ und „fehlerhaft“. Was die Vergabestelle bei Bieter A als Lücke in einem leistungsbezogenen Dokument versteht, könnte tatsächlich ein grundlegender Fehler des A im Rahmen der Erstellung dieses Dokuments gewesen sein. Hier wäre eine Nachforderung dann unzulässig. Es empfiehlt sich daher, dass die Vergabestelle bei jeder Nachforderung klar dokumentiert, warum sie sich dafür entschieden hat. Besonders bei lückenhaften Angaben in einem Dokument sollte die Begründung ausführlicher ausfallen.

Verzicht auf Nachforderung

Im gerade behandelten § 16a Abs. 1 VOB/A 2019 wird ausdrücklich auf das „Recht nach Absatz 3“ hingewiesen. Dieses regelt eine neue Ausnahme. In § 16a Abs. 3 VOB/A 2019 heißt es:

„Der Auftraggeber kann in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festlegen, dass er keine Unterlagen oder Preisangaben nachfordern wird.“

Wie oft die Praxis hiervon tatsächlich Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass der einmal formulierte Verzicht auf Nachforderung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Es handelt sich also um eine durchaus weitreichende Festlegung, die beim Erstellen der Vergabeunterlagen zu treffen ist.

Absätze 2, 4, 5 und 6

Die Regelungen der übrigen Absätze werden wir in Kürze in einem weiteren Beitrag zu § 16a VOB/A 2019 behandeln. Bis dahin freuen wir uns auf Ihre Anmerkungen oder auch erste Erfahrungen mit der Neuregelung.

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