Wann kann der Bauunternehmer seine Schlussrechnung stellen? Diese scheinbar einfache Frage führt immer mal wieder zu heftigen Diskussionen. Dies wurde bei einem meiner Seminare vor einiger Zeit deutlich. Offenbar kommt es gelegentlich vor, dass Streit darüber entbrennt, wann der Auftragnehmer die Schlussrechnung stellen kann bzw. bis wann er Abschlagsrechnungen stellen darf.
Wie ist die Ausgangslage?
Die VOB/B regelt in § 14 Abs. 3 VOB/B, dass die Schlussrechnung gestellt werden kann, wenn die Leistung fertiggestellt wurde. Was bedeutet das? Diese so knappe Aussage zeigt, dass die Voraussetzung für die Stellung der Schlussrechnung die Fertigstellung ist. Hier zeigt sich eine Parallele zur Abnahme: Auch für diese ist nach § 13 Abs. 1 VOB/B die Fertigstellung erforderlich. Ist diese nicht erfolgt, muss der Auftraggeber die Leistung nicht abnehmen.
Im Ergebnis heißt das, dass die Leistung nicht abgenommen sein muss, um die Schlussrechnung zu stellen. Die Leistung muss lediglich fertiggestellt sein. In diesem Moment kann der Auftraggeber Auftragnehmer sowohl die Abnahme verlangen, als auch die Schlussrechnung stellen.
Was wenn keine Abnahme verlangt wurde?
So weit, so (vermeintlich) klar. Allerdings stellt sich damit ein anderes Problem: Was, wenn der Auftragnehmer die Schlussrechnung stellt, weil die Leistung fertig ist, aber (aus welchen Gründen auch immer) keine Abnahme stattgefunden hat? Diese Frage hat der Bundesgerichtshof im Jahr 1980 entschieden (Az. VII ZR 43/80). In diesem Urteil entschied der BGH, dass die Fälligkeit der Schlusszahlung voraussetzt, dass die Abnahme erfolgt ist.
Damit ergibt sich folgendes Bild: Der Auftragnehmer darf die Schlussrechnung stellen, sobald die Leistung fertig ist. Findet jedoch keine Abnahme statt (z.B. weil der Auftragnehmer diese nicht verlangt), wird die Schlusszahlung nicht fällig. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht sachgerecht. Schließlich zeigt der Auftraggeber Auftragnehmer durch die Schlussrechnung an, dass er fertig ist. Wäre er nicht fertig, gäbe es ja keinen Anlass, die Schlussrechnung zu stellen. Dies sah in einem anderen Fall der BGH ebenso (Az. VII ZR 150/07), denn in der Schlussrechnung ist in der Regel zugleich das Abnahmeverlangen nach § 12 Abs. 1 VOB/B zu sehen.
Also gilt im Ergebnis: Der Auftragnehmer kann bei Fertigstellung Abnahme verlangen und die Schlussrechnung stellen. Stellt er nur die Schlussrechnung, gilt das als Abnahmeverlangen. Damit wird in aller Regel die Abnahmewirkung vor Ablauf der Prüffrist (vgl. § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B) eingetreten sein. Der Auftragnehmer ist also nicht gehindert, die Schlusszahlung zu verlangen.
Was also tun?
Für den Auftraggeber gilt daher: Stellt der Auftragnehmer eine Schlussrechnung, ohne dass eine Abnahme ausdrücklich verlangt wurde, ist Vorsicht geboten. Es gilt wie ein Abnahmeverlangen, das bedeutet, dass der Auftraggeber nach Fristablauf in Verzug gerät, wenn er nicht reagiert. Dies kann unter anderem Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.
Unter Umständen gilt die Abnahme sogar als erfolgt, wenn der Auftraggeber nicht in der Frist des § 12 Abs. 1 VOB/B reagiert. Daher die Empfehlung: Der Auftraggeber sollte bei Erhalt der Schlussrechnung schnellstmöglich etwaige Mängel feststellen und dem Auftragnehmer gegenüber vorbehalten, wenn er nicht Gefahr laufen will, die Rechte aus diesen Mängeln zu verlieren.
Hallo,
unter der Zwischenüberschrift „Wie ist die Ausgangslage?“ bin ich über diesen Satz gestolpert:
„In diesem Moment kann der Auftraggeber sowohl die Abnahme verlangen, als auch die Schlussrechnung stellen.“ Die Schlussrechnung wird doch vom Auftragnehmer gestellt? Ich denke, hier fehlen zwei Worte („der Auftragnehmer“ nach „als auch“).
Viele Grüße
Ina Degenaar
Vielen Dank für den Hinweis. Tatsächlich hat sich hier ein Fehler eingeschlichen. Es ist der Auftragnehmer, der die Abnahme verlangen und auch die Schlussrechnung stellen kann.
Wie sieht die Schlußrechnung nach Abnahme aus?
Als gesamtes, d.h. Komplettaufmass, oder können Aufmasse , nach Ist-Stand zum Zeitpunkt der Ausführung gestellt ( somit nur teilweise fertiggestellt) vom Architekten als abgeschlossene Leistungen zum Zeitpunkt der Abschlagsrechnung aufgemessen verwndet, und Restmassen unberücksichtigt bleiben.
Auch erfolgten die Aufmasse nicht als Teilabnahmen, sondern wie vor gesagt, als “ IST- Stand „, d.h. die aufgemessenen Leistungen waren tatsächlich zum Aufmasszeitpunkt nicht abgeschlossen, keine Teilabnahmen/Fertigen Leistungen aufgemessen?
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Darin schneiden Sie einige wichtige Punkte an, auf die wir gerne eingehen würden:
– Wie erfolgt das Aufmaß zur Schlussrechnung?
– Wie wird mit nur teilweise ausgeführten Leistungen verfahren?
– Welche Rolle spielen Teilabnahmen?
Um diesen Themen genug Raum zu geben, werden wir in den nächsten Wochen Artikel dazu veröffentlichen. Nur in aller Kürze: Wenn die Leistung nicht vollständig ist, hat der Auftragnehmer keinen Anspruch auf die Abnahme seiner Leistungen. Ungeachtet dessen werden Leistungen im Einheitspreisvertrag gemäß § 2 Abs. 2 VOB/B nur nach tatsächlichem Leistungsstand (also nach Aufmaß) abgerechnet.